Festansprache zur Meisterfeier 2017 | Handwerkskammer Frankfurt (Oder) Region Ostbrandenburg

Presse Festansprache zur Meisterfeier 2017

[vc_row][vc_column width=“3/4″][vc_column_text]Pfarrerin Beatrix Forck, Geschäftsführerin Evangelische Kirchengemeinde Frankfurt (Oder) – Lebus: Festansprache zur Meisterfeier 2017 der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg, am 14. Oktober 2017 „Sehr geehrte Jungmeisterinnen und Jungmeister, Altmeisterinnen und Altmeister, sehr geehrte Mitglieder der Kammern und Verbände, Vertreter aus Wirtschaft und Politik! Wem in diesem Jahr etwas Herausragendes widerfährt, wird erleben, dass das Reformationsjubiläum damit in …

[vc_row][vc_column width=“3/4″][vc_column_text]Pfarrerin Beatrix Forck, Geschäftsführerin Evangelische Kirchengemeinde Frankfurt (Oder) – Lebus:

Festansprache zur Meisterfeier 2017 der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg, am 14. Oktober 2017

„Sehr geehrte Jungmeisterinnen und Jungmeister, Altmeisterinnen und Altmeister,
sehr geehrte Mitglieder der Kammern und Verbände, Vertreter aus Wirtschaft und Politik!

Wem in diesem Jahr etwas Herausragendes widerfährt, wird erleben, dass das Reformationsjubiläum damit in Beziehung gesetzt wird. Dabei wird manch einer denken, dass das völlig übertrieben oder gar weit hergeholt erscheint. Doch in den meisten Fällen ist eine solche Meinung ein geschichtsvergessener Irrtum. Die Art und Weise unseres Zusammenlebens, das auf Gemeinschaft und Freiheit basiert, fußt auf den Ideen der Reformation. Reformiert wurden ja nicht nur die Strukturen und die Lehre der Kirche, sondern das ganze Alltagsleben. Dass die Deutschen sind, wie sie sind, verdanken sie auch der Reformation. Dass manch grundlegende Idee sich aus unserem Land in die ganze Welt verbreitet hat, ebenfalls. Die Grundgedanken der Reformation sind wie Samenkörner, die durch ihre Entfaltung bis heute Früchte tragen.

Und wo liegt nun die Verbindung zum heutigen Tag?

Zum einen. Ohne die selbstbewussten Vertreter bürgerlichen Lebens, ohne Händler, Handwerker und Künstler hätte sich die Reformation nicht durchsetzen können. Die spätmittelalterliche Welt kannte natürlich keine Industrieproduktion. Die kam erst Mitte des 19.Jahrhunderst auf. Alles, was man brauchte, entstand durch Ackerbau und Handwerk dazu kam, wie gesagt, der Handel. Die Handwerker hatten sich damals in Zünften zusammengeschlossen. Diese entsprachen den heutigen Innungen, nur dass sie viel weitreichendere Befugnisse innerhalb der Berufsgruppe wahrnehmen konnten. Ein strenges Werk regelte und reglementierte, wer in die Zunft übernommen wurde, aber auch welche Zunft welche Aufträge übernehmen konnte. Es gab z.B. strikte Trennungen zwischen Tuchmachern und Gewandschneidern. Wer ein Handwerk erlernen wollte, musste auch damals eine Lehrzeit durchlaufen. Zur Ausbildung gehörte auch eine wörtlich zu nehmende Weltläufigkeit. Man blieb nicht bei dem stehen, wie es immer gemacht wurde, sondern holte sich auf der Walz Anregungen und Neuanstöße. Die Ausbildungsstufen brachten einen jeweiligen Status mit sich. An der Spitze aber standen die Meistertitel, die nur durch vertiefte Ausbildung, besondere, berufstypische Fähigkeiten und den Nachweis von Innovationsbereitschaft und Erfahrung erworben werden konnte. Innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft einen Meistertitel zu erringen, bedeutete die höchste Ehre. Dementsprechend saßen die Zunftmeister in den Entscheidungsgremien aller Städte.

Als sie mit den Ideen Luthers in Kontakt kamen, verstanden sie sofort, welches Freiheitspotential darin steckt. Sie begriffen, dass die Freiheit eines Christenmenschen ihnen die Ablösung aus autoritären Strukturen jenseits ihrer Zünfte ermöglichte. Sie hatten Freiheiten zu gewinnen, die bisher nur den Landesherren, dem Adel und Vertretern der Kirche zugesprochen waren. Freiheiten andererseits, mit denen die Armen gar nichts anfangen konnten. Denn diese Freiheit brauchte Bildung und Weltverständnis. So wurden die Städte zu den eigentlichen Trägern der Reformation. Hatten die Zünfte vorher schon in den Kirchen ihre eigenen Zunftkapellen gepflegt, gingen die Bürger nun dazu über, sich selbst in Szene zu setzen und ließen sich auf Epitaphien für die Ewigkeit portraitieren.

Aber Handwerker und Händler halfen nicht nur der Reformation zum Durchbruch. Mit der Reformation kam es zu einer tiefgreifenden Veränderung in der Vorstellung von der Arbeitswelt. Die so hochgepriesenen Tugenden deutschen Fleißes und deutscher Gründlichkeit, für die das Handwerk und seine Meisterinnen und Meister exemplarisch stehen, wären ohne die Reformation nicht entstanden. Bis zu Luther stand die gesamte Arbeitswelt unter der Aussage des Fluches. Hatten Adam und Eva durch den Sündenfall das Paradies verloren, so waren sie von dort mit dem Fluch, arbeiten zu müssen, vertrieben worden. Edel und Gott wohlgefällig war, der Arbeit enthoben, sich einem geistlichen Leben zuwenden zu dürfen.

Dazu gab es Klöster, in denen Männer und Frauen je für sich, dem Gebet leben konnten. Die selbst dort notwendige Arbeit wurde auf vom Kloster abhängige Menschen delegiert. Mitunter gab es im Kloster auch die Teilung zwischen Arbeitsmönchen und solchen mit priesterlichen Funktionen, die als die eigentlichen gesehen wurden. Daneben gab es natürlich auch reiche Menschen, meist Hochadlige, die ebenfalls der Erwerbsarbeit enthoben waren.

Wer arbeitete, galt als Gott ferner, weil er ja gar nicht nach dem Evangelium leben, es nicht bedenken konnte. Der stand unter dem Fluch der Arbeit. Daraus erwuchs wenig Wertschätzung für die, die die Werte schufen. Indem sie aber durch ihre Arbeit den anderen das Leben in den Klöstern ermöglichten, versprach die damalige Kirche ihnen, für ihr im Arbeitsleben verlorenes Seelenheil Fürsorge zu übernehmen. Das gipfelte in krasser Weise dann im Ablasshandel.

Als Luther durch seine Thesen diesen bekämpfte, stand er auch für eine Umwertung der Arbeitswelt auf. Er wollte das Arbeitsleben nicht mehr im Kontrast zum Glauben definiert sehen, sondern als einen Erweis desselben. Selbst seine Forderung, Klöster aufzuheben, ging nicht von einer Ablehnung spirituell-bestimmter Gemeinschaften aus. Er sah aber keinen anderen Weg, die Arbeitswelt in ihrer positiven Dimension herauszustreichen. Mit Sätzen wie: „Und wenn die Magd die Küche fegt, dann ist das Gottesdienst.“, machte er deutlich, dass die Arbeit eben nicht Fluch ist, sondern Umsetzung der von Gott gebotenen Nächstenliebe, Einsatz der mir von Gott geschenkten Talente und mein Einbezogensein in die Aufgaben Gottes, nämlich die Welt zu erhalten und die Schöpfung fortzuschreiben. Und wenn uns Arbeit als eine gute Gabe Gottes zukommt, dann forderte Luther auch, dass jede und jeder sein Bestes dabei gibt. Er hob die ständische Ordnung nicht auf, forderte aber die Vervollkommnung in jeglichem Beruf und Stand als das eigentlich Gott-Wohlgefällige. So wurden berufliche Bildung und Meisterschaft, Berufsstolz und Berufsehre enorm gestärkt. Aus der Umwertung dessen, was Arbeit bedeutet, sind unsere Arbeitsmentalität und unser Arbeitsethos erwachsen, so dass wir uns mit unserer Arbeit identifizieren und uns in ihr zu großen Teilen verwirklichen können. Nur wer das bejaht, wird ein Meister, eine Meisterin im eigenen Fach.

Sehr verehrte Damen und Herren der handwerklichen Meisterschaft!

Gründliche berufliche Qualifikation, Weltläufigkeit, Kreativität, Innovation und Tradition – das alles prägt bis heute das Handwerk. Dazu kommen die Identifikation mit ihren Produkten, die Dienstbereitschaft, anderen durch die eigene Arbeit Leben zu ermöglichen und das Streben nach fortschreitender Vervollkommnung, Stichwort lebenslanges Lernen. Ein Meister, eine Meisterin zu werden und zu sein, ist mit hohen Anstrengungen aber auch heute noch mit einer hohen Würde verbunden. Sie haben das Glück, nicht in entfremdeter und entfremdender Arbeit unterzugehen. Sie werden gebraucht und bilden eine wichtige Stütze für ihre Region und den Standort Deutschland. Das verdient unseren Dank, und dazu gratuliere ich Ihnen herzlich. Als Vertreterin der Kirche will ich Ihnen aber auch Gottes Segen zusprechen, dass Sie Ihre Arbeit als einen Dienst am Nächsten verstehen und tun können. Dass Sie stolz sind, mit jedem guten Handwerksstück etwas Gottwohlgefälliges, Welterhaltendes geschaffen zu haben. Wir sind mit dem Glauben nicht aus, sondern an und in die Welt gewiesen. Gott segne Sie, Ihre Familien und Ihr meisterschaftliches Wirken unter den Menschen.“[/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/4″][cq_vc_employee name=“thieme“][/vc_column][/vc_row]