Muskeln braucht es immer noch | Handwerkskammer Frankfurt (Oder) Region Ostbrandenburg

Zu Besuch im Handwerk Muskeln braucht es immer noch

[vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text] Stichtag: Zum 31. Dezember lief die Übergangsfrist für Altgeräte ab. Ziel: Grenzwerte für Feinstaub und Kohlenmonoxid sollen weiter gesenkt werden. Betroffen waren bundesweit zwei Millionen Kamin- und Kachelöfen. Dennoch hat Ofen- und Lüftungsbaumeister Marko Medejczyk immer noch gut zu tun. [/vc_column_text][vc_single_image image=“121803″ img_size=“large“][vc_column_text] DHB: Guten Morgen, Herr Medejczyk, riechen sie was? Marko Medejczyk: Die Luft …

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Stichtag: Zum 31. Dezember lief die Übergangsfrist für Altgeräte ab. Ziel: Grenzwerte für Feinstaub und Kohlenmonoxid sollen weiter gesenkt werden. Betroffen waren bundesweit zwei Millionen Kamin- und Kachelöfen. Dennoch hat Ofen- und Lüftungsbaumeister Marko Medejczyk immer noch gut zu tun.

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DHB: Guten Morgen, Herr Medejczyk, riechen sie was?

Marko Medejczyk: Die Luft draußen ist feucht. Es riecht nach Erde. Und kaltem Kaminholzfeuerrauch.  Früher hätte sie nach verbrannter Braunkohle gerochen.

DHB: Wann verschwand dieser Geruch?

Marko Medejczyk: Bei uns wurde exzessiv mit Braunkohle geheizt, weil die Sowjetunion lange vor 1989 die Preise für Öl- und Gas erhöht hatte und die DDR im Prinzip Pleite war. Im Westen gab es schon seit 1974 ein Immissionsschutzgesetz. Das galt mit der Wende auch für den Osten. Man stieg also auf Öl- und Gasheizungen um. Schon Mitte der 1990er Jahre roch die Luft plötzlich nicht mehr nach verbrannten Briketts.

DHB: Was bedeutete das für das Ofenbauer-Handwerk?

Marko Medejczyk: Mein Vater war Ofensetzer, hatte nach der Wende seinen Ofenbau-Meister und sich selbstständig gemacht. Doch der Anfang war unheimlich schwer. Es schien, als hätte er auf ein aussterbendes Handwerk gesetzt. Weshalb er nicht wollte, dass ich in seine Fußstapfen trete.

DHB: Sie wurden Elektromonteur mit Abitur…

Marko Medejzcyk: Stimmt. Ich begann meine Lehrausbildung 1988. Einen Teil absolvierte ich im Zementwerk Rüdersdorf. 1989 kam die Wende, da hatten wir oft anderes im Kopf als die Ausbildung. Aber ich hab’s durchgezogen und war 1991 fertig, ging danach erst einmal zur Bundeswehr, diente damals noch auf dem Flugplatz in Marxwalde.

DHB: Danach aber sattelten doch in jenes Handwerk um, das vom Aussterben bedroht war. Warum?

Marko Medejczyk: Elektro war nicht wirklich mein Ding. Und ich wollte meinen Vater unterstützen und irgendwann die Firma übernehmen. Das hieß natürlich nochmal die Schulbank drücken. Schon damals gab es nur noch fünf Berufsschulen in ganz Deutschland, die das Ofenbauer-Handwerk unterrichteten. Ich lernte es in Schwerin, durfte zum Glück aber gleich im zweiten Lehrjahr einsteigen, weil ich schon eine Lehre abgeschlossen hatte.

DHB: Sie starteten also, ohne sicher sein zu können, dass ihr Beruf eine Zukunft hat?

Marko Medejczyk: Ja, das war so. Damals arbeiteten wir tatsächlich eher als Fliesenleger denn als Ofenbauer. Aber bereits Mitte der 1990er Jahre änderte sich das. Ich spürte, dass der Wohlstand auch bei uns zunahm. Die, die bereits auf Gas oder Ölheizungen umgerüstet hatten, wollten jetzt so etwas wie Wohlfühlatmosphäre. Die ersten ließen sich in die alten Kachelöfen neue Heizeinsätze für Holzfeuerung einbauen, andere schafften sich Kaminöfen an. Plötzlich hatten wir wieder gut zu tun.

DHB: Und jetzt erfüllen die damals neuen Geräte die Werte des inzwischen verschärften Immissionsschutzgesetzes nicht mehr?

Marko Medejczyk: So ist es. Bis zum 31. Dezember mussten alle zwischen 1985 und 1994 errichteten Einzelraumfeuerungen stillgelegt, umgerüstet bzw. ausgetauscht werden. Viele Kunden hatten das bereits getan. Betrieben werden dürfen nur noch Feuerstätten, die Grenzwerte von 0,15 Gramm Staub und vier Gramm Kohlenmonoxid je Kubikmeter Brennstoff nicht überschreiten.

DHB: Was ist preiswerter: umrüsten oder austauschen?

Marko Medejczyk:  Im Prinzip war die Technik zur Vermeidung von umweltschädlichen Emmissionen, also die Freisetzung von in Festbrennstoffen gebundenem Schwefel oder Kohlenmonoxid schon 2015 weitgehend ausgereizt. Nachrüstbare Aktiv- bzw. Passivfilter sind oft teurer als Neugeräte. Was sie an Schadstoffen binden, muss zudem gesondert entsorgt werden. Daher rate ich bei Kachelofenluftheizungsanlagen in der Regel zum Wechsel auf einen geprüften Heizeinsatz und bei mobilen Kaminöfen eher zu einem Neugerät.

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DHB: Gibt es einen Unterschied zwischen einer Kachelofenluftheizungsanlage und einem Kachelofen?

Marko Medejczyk: Viele der in der DDR betriebenen Kachelöfen sind in Wirklichkeit Kachelofenluftheizungsanlagen. In ihnen ist der einzige, in der DDR hergestellte Heizeinsatz vom Typ Ortrand 3020 eingebaut. Die in dem Heizeinsatz erzeugte Wärme wird durch sogenannte „keramische Züge“ im Ofen geleitet und erwärmt dessen Steine. Ein alter Kachelofen hingegen ist ausschließlich aus Schamottsteinen gemauert und hat keinen Heizeinsatz aus Metall.

DHB: Lässt sich ein solcher Ofen umrüsten?

Marko Medejczyk:  Nicht wirklich. Im Prinzip müssten Sie abgetragen und komplett neu aufgebaut werden. Das macht nicht wirklich Sinn, es sei denn, man möchte unbedingt einen Ofen mit den alten Originalkacheln haben, etwa wenn man einen Ofen mit sehr schönen Meissner Kacheln hat. Aber auch dann wäre das ein komplett neuer Ofen, nur mit den alten Kacheln. Dementsprechend hoch sind dann auch die Kosten.

DHB: Was ist eigentlich mit offenen Kaminen?

Marko Medejczyk: Die sind von der Regelung ausgenommen. Kommt es durch deren Nutzung aber zur Geruchsbelästigungen, kann der Schornsteinfeger die Nutzung auf eine bestimmte Anzahl von Tagen im Jahr einschränken.

DHB: Werden Öfen eigentlich heute noch immer mit Schamottsteinen gemauert?

Marko Medejczyk: Die Schamottsteine haben sich bewährt, gelten aber als „Ofenbauerschinder“, weil sie sehr schwer sind. Heute setzen Ofenbauer auch den sogenannten Vermikulit-Steine ein. Sie sind leichter und reißt seltener – anders als Schamotte.

DHB: Heute heißt ihr Beruf Ofen- und Luftheizungsbauer. Wie viel hat er noch mit dem Bild der körperlich schweren und auch schmutzigen Arbeit aus der Ofensetzerzeit ihres Vaters zu tun?

Marko Medejczyk: Das Berufsbild hat sich sehr gewandelt. Muskeln braucht es aber immer noch. Viele Hausbesitzer lassen sich wieder aufwändig gestaltete Öfen etwa mit Ofenbänken, Verzierungen und anderen gestalterischen Elementen wie mit kunstvoll geschmiedeten sogenannten Röhrtüren verschlossene Warmhaltefächer bauen. Unser Beruf reicht heute stark ins künstlerisch-gestalterische hinein.

DHB: Ist ein Ofen eigentlich noch ein Ofen oder ein Hightechgerät?

Marko Medejzcyk: Er ist eine Heizung, die im Raum eine wesentlich größere Behaglichkeit ausstrahlt als eine „profane“ Zentral- oder unsichtbare Fußbodenheizung. Hinter diesem Wohlfühleffekt aber steckt heute durchaus Hightech. So mancher Kunde wundert sich, dass er beim Anheizen nicht die untere Klappe auflassen muss. Heute kann die Luftansaugung z.B. durch moderne Schornsteine erfolgen, nicht zwingend durch die Raumluft wie es früher die Regel war.

DHB: Arbeitet ein Ofenbauer von heute mit einem Computer?

Marko Medejczyk (lacht): Jedenfalls nicht nur um Rechnungen zu schreiben. Mein Vater hat alle Entwürfe noch von Hand gezeichnet. Ich habe meine Entwürfe aber von Beginn an mit einem CAD-Programm am Computer gemacht und visualisiert. Einige KollegInnen arbeiten bereits mit 3-D-Brillen, damit die Kunden schon vorher sehen können, wie der Ofen in ihrem Raum wirkt. Da will man als Ofenbauer kein Risiko eingehen. Denn so ein neuer Ofen kann schon mal so viel kosten wie ein neuer Kleinwagen.

DHB: Wieviel Higtech ist im Ofen noch möglich?

Marko Medejczyk: Ich persönlich glaube, dass die Technik zum Einsparen von Emmissionen weitgehend ausgereizt ist. Wenn es jetzt noch technische Weiterentwicklungen gibt, dann möglicherweise durch Brandsteuerungen, um die Fehler des Feuer machenden Menschen zu minimieren.

DHB: Wie wird sich der Beruf des Ofen- und Luftheizungsbauers weiterentwickeln?

Marko Medejczyk: Unsere Innung hat noch 33 Mitglieder. Und es gibt kein Treffen, auf dem die Zukunft unserer Zunft nicht das alles überragende Thema ist.  Es ist völlig klar. Die sogenannte De-Karbonisierung wird dazu führen, dass es eines Tages sicher untersagt wird, Feststoffe zu verbrennen. Aus der Kohle steigen wir gerade aus. Um unseren Holzvorrat zu decken, müssen wir heute schon Holz einführen, das oft genug aus Raubbau stammt. Der Klimawandel wird dazu führen, dass Holz so langsam nachwächst, dass es sich verbietet, es zu verfeuern. Das Ende unseres Berufes als Ofenbauer ist absehbar.

DHB: Wann wird es soweit sein?

Marko Medejczyk: Ich bin kein Hellseher. Schon jetzt gehören wir zur Sparte Klima-Heizung-Sanitär. Und tatsächlich kommt es zu immer mehr Überschneidungen. In Hochhäusern und Wohnanlagen, Lofts und Penthäusern, Hotels und Pensionen werden heute Geräte eingebaut, die Öfen oder Kamine täuschend echt imitieren. Gasflammen hinter Glas, Feuer, das aus Kunstholzscheiten emporlodert. Um solche Geräte einzubauen müssen sie Rohrleitungen verlegen, einen Gasschein machen, muss Steuerungselektronik verbaut werden. Hier arbeiten wir bereits oft mit unseren KollegInnen aus den SHK-Firmen zusammen.  Interview: Mirko Schwanitz

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Ofenbau Marko Medejczyk
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