Befristung von Arbeitsverträgen aufgrund von Vertretung eines anderen Arbeitnehmers | Handwerkskammer Frankfurt (Oder) Region Ostbrandenburg

Archiv Befristung von Arbeitsverträgen aufgrund von Vertretung eines anderen Arbeitnehmers

Ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigt, liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis.

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(Bundesarbeitsgericht , Urteil vom 21.02.2018 – 7 AZR 765/16)

Ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigt, liegt nach § 14 Abs. 1 Satz  Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis.

Teil des Sachgrunds ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs nach Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Entsteht der Vertretungsbedarf für den Arbeitgeber „fremdbestimmt“, weil der Ausfall der Stammkraft – z.B. durch Krankheit, Urlaub oder Freistellung – nicht in erster Linie auf seiner Entscheidung beruht, kann der Arbeitgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Senats regelmäßig damit rechnen, dass der Vertretene seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird. Die Stammkraft hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, nach Wegfall des Verhinderungsgrunds die vertraglich vereinbarte Tätigkeit wieder aufzunehmen. Der Arbeitgeber muss daher davon ausgehen, dass der Vertretene diesen Anspruch nach Beendigung der Krankheit, Beurlaubung oder Freistellung geltend machen wird. In einem solchen Fall sind besondere Ausführungen des Arbeitgebers dazu, dass mit der Rückkehr des Vertretenen zu rechnen ist, regelmäßig nicht veranlasst. Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass der zu vertretende Arbeitnehmer überhaupt wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein. Dies setzt i.d.R. voraus, dass der zu vertretende Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Vertreter verbindlich erklärt hat, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen.

Ein Vertretungsbedarf i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG kann auch durch die vorübergehende Abordnung einer Stammkraft auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb des Betriebs oder Unternehmens entstehen. In einem solchen Fall trifft den Arbeitgeber allerdings eine erweiterte Darlegungslast zur Rückkehrprognose, da die Rückkehr der Stammkraft an ihren bisherigen Arbeitsplatz auch von Planungs- und Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers abhängt.

Der Sachgrund der Vertretung setzt ferner einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft voraus. Es muss sichergestellt sein, dass die Vertretungskraft gerade wegen des durch den zeitweiligen Ausfall des zu vertretenden Mitarbeiters entstandenen vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs eingestellt worden ist. Es ist deshalb aufgrund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung. Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer – ohne dass eine mittelbare Vertretung vorliegt – Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag der Vertretungskraft geschehen. Nur dann ist gewährleistet, dass die Einstellung des Vertreters auf der Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers beruht.

Eine Befristung zur Vertretung nach den Grundsätzen der gedanklichen Zuordnung kommt allerdings in Fällen der sog. „Abordnungsvertretung“ nicht in Betracht. Der anderweitige Einsatz der Stammkraft innerhalb des Betriebs oder Unternehmens kann nur dann die Befristung des Arbeitsvertrags mit einer Vertretungskraft nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG rechtfertigen, wenn der Arbeitgeber die damit verbundene Umorganisation unmittelbar oder mittelbar mit einer befristeten Neueinstellung verknüpft, der befristet beschäftigte Arbeitnehmer also unmittelbar anstelle der anderweitig eingesetzten Stammkraft beschäftigt wird oder sich die Verbindung zu diesem anderweitigen Einsatz durch eine Vertretungskette vermittelt. Es reicht hingegen nicht aus, wenn die Tätigkeit des befristet beschäftigten Arbeitnehmers lediglich wegen der „gedanklichen Zuordnung“ dem vorübergehend im Unternehmen anderweitig eingesetzten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Dies beruht darauf, dass der Arbeitgeber von seinen Versetzungs- und Umsetzungsbefugnissen – bei identischem Anlass – nur einmal Gebrauch machen kann. Bei der Vertretung im Wege sog. „gedanklicher Zuordnung“ wird die Kausalität zwischen der vorübergehenden Abwesenheit der Stammkraft und der Einstellung einer Vertretungskraft dadurch hergestellt, dass der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit der Vertretungskraft deren Aufgaben der vorübergehend abwesenden Stammkraft nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Diese Möglichkeit besteht deshalb, weil die vorübergehende Abwesenheit der Stammkraft die Organisationsbefugnis des Arbeitgebers und seine Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse unberührt lässt. Deshalb genügt es für den Sachgrund der Vertretung in den Fällen der vollständigen Abwesenheit der Stammkraft, wenn der Vertretungskraft Aufgaben übertragen werden, die der Stammkraft zugewiesen werden könnten, wenn sie im Betrieb anwesend wäre, und dies bei Abschluss des Arbeitsvertrags mit der Vertretungskraft nach außen erkennbar dokumentiert wird. Entsteht der Vertretungsbedarf hingegen durch eine vorübergehende Abordnung der Stammkraft auf einen anderen Arbeitsplatz in dem Unternehmen, hat der Arbeitgeber in Bezug auf die Stammkraft bereits von seinen Organisations- und Umsetzungsbefugnissen Gebrauch gemacht. Der Arbeitgeber kann sich daher nicht gleichzeitig darauf berufen, er hätte sie in anderer Weise ausüben können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss die mit dem Vertreter vereinbarte Vertragslaufzeit nicht mit der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsverhinderung der Stammkraft übereinstimmen, sondern sie kann dahinter zurückbleiben. Dem Arbeitgeber ist es unbenommen zu entscheiden, ob er den vorübergehenden Ausfall eines Arbeitnehmers überhaupt durch Einstellung einer Vertretungskraft überbrückt. Deshalb kann er die Vertretung auch nur für einen kürzeren Zeitraum regeln.

Die Befristung des Arbeitsvertrags kann mit einer Vertretungskraft nicht auf den Sachgrund der Vertretung im Wege gedanklicher Zuordnung gestützt werden, wenn mit der abwesenden Stammkraft ein (Abruf-)Arbeitsverhältnis nach § 12 Abs. 1 TzBfG begründet wird, das dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, aufgrund seines Direktionsrechts die Stammkraft gleichzeitig mit der Vertretungskraft zur Arbeitsleistung heranzuziehen. Anderenfalls könnte der Arbeitgeber – vergleichbar dem Fall der Abordnung – sein Direktionsrecht in Bezug auf die Stammkraft doppelt ausüben, nämlich einmal durch die gedankliche Zuordnung der Tätigkeit des Vertreters und andererseits durch einen Abruf der Arbeit i.S.v. § 12 Abs. 1 TzBfG.

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