Du bist wie Gott. Ein Schöpfer. | Handwerkskammer Frankfurt (Oder) Region Ostbrandenburg

Zu Besuch im Handwerk Du bist wie Gott. Ein Schöpfer.

Tischler Maximilian Golz: In unserem Interview erzählt er, wieso er vor der Ausbildung Ziegen melken lernte und sich manchmal wie Gott in Schöneiche fühlt….

[vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text]Mein erstes Jahr als Geselle (Serie): Er wollte nicht studieren. Nach der Schule hatte er keinen Plan. In Neuseeland lernte er Ziegen melken. Und kam als anderer Mensch zurück. Maximilian Golz wurde Tischler. Heute ist Holz seine Leidenschaft.[/vc_column_text][vc_single_image image=“124735″ img_size=“large“][vc_column_text]DHB: An was arbeiten Sie gerade?

Maximilian Golz: Ich bin gerade dabei ein paar Transportrahmen für einen Kunden zusammenzubauen. Die Teile habe ich bereits vorgeschnitten. Nun müssen Sie mit der Klammerpistole zusammengeheftet werden. Für diesen Zweck reicht eine solche Heftung aus.

DHB: Arbeiten Sie gerne in dieser lichtdurchfluteten Werkstatt?

Maximilian Golz:  Wenn ich früh in unsere Tischlerei komme, fühle ich mich jedes Mal wohl. Ich mag das, wenn es nach Holz riecht und nach Leim.

DHB: Wollten Sie schon immer Tischler werden?

Maximilian Golz: Sie meinen so wie jemand, der schon als kleiner Junge in der Werkstatt des eigenen Vaters mitbasteln durfte? Nein, so war es bei mir nicht.  Dann wäre ich wohl eher auf dem Bau gelandet.

DHB: Wieso?

Maximilian Golz: Mein Vater hat als Tiefbauer angefangen. Und natürlich hat er mich auch mal auf eine Baustelle mitgenommen. Und ich erinnere mich, dass mich das als Kind schon beeindruckt hat. Die großen Maschinen und die tiefen Gräben. Mein Vater hat sich dann aber immer weiterqualifiziert und zum Baustellenleiter hochgearbeitet. Er hat mir auch erklärt, dass das eine Menge Verantwortung ist.

DHB: Aber das kam für sie nicht in Frage?

Maximilian Golz: Nein. Aber fragen Sie mich jetzt nicht warum. Das war in einem Alter, in dem man noch vieles werden möchte. Feuerwehrmann zum Beispiel war auch so ein Kindheitstraum. Aber bis zum Schulabschluss war es da noch lange hin…

„Fakt ist: Nach der 10. Klasse hatte ich keinen Plan“

DHB: Sie haben Abitur gemacht?

Maximilian Golz: Ja. Meine Eltern haben mir nie vorgeschrieben, was ich werden sollte. Aber sie legten großen Wert darauf, dass ich das Abi mache.

DHB: Und Sie wollten das nicht?

Maximilian Golz: Fakt war: ich wollte nicht studieren. Fakt war aber auch: als das Ende der zehnten Klasse näher rückte hatte ich keinen Plan.

DHB: Wann wussten Sie, was Sie werden wollten?

Maximilian Golz: Es brauchte einige Zeit, um das herauszufinden. Ich ging ans OSZ in Strausberg, wo man sich für drei Richtungen entscheiden konnte. Ich entschied mich für Technik. Und in den Ferien machte ich Praktika. Auch bei Tiefbauern übrigens. Ich schippte Gräben an der Nordsee, half in einem Bauingenieurbüro. Und war danach so unentschlossen wie zuvor.

DHB: Und dann?

Maximilian Golz: Ich entschied mich für ein halbes Jahr Work and Travel in Neuseeland, war das erste Mal eine längere Zeit sehr weit weg von zuhause.  Ich habe mein Englisch verbessert, in einer Baumschule gearbeitet. Auch auf einer Farm. Nicht zu glauben, ich kann heute Ziegen melken.

DHB: Und, hat’s für die Berufsentscheidung was gebracht?

Maximilian Golz: Auch wenn es zunächst gar nicht danach aussah, muss ich diese Frage heute mit einem klaren Ja beantworten.

DHB: Was heißt das?

Maximilian Golz: Ich kam nicht mit der Idee zurück: Jetzt werd ich Tischler. Aber ich kam als anderer Mensch zurück. Selbstständiger. Erwachsener. Reflektierter. Ich hatte begriffen, dass man auch mit wenig eine tolle Zeit haben kann. Und das prägt heute meine Einstellung zum Leben.

DHB: Der Tischlerberuf war dann eher ein Zufall?

Maximilian Golz: Ja und nein. Es ist richtig, dass ich auch nach meiner Rückkehr nicht so richtig wusste, wie es weitergehen sollte. Aber als ich meinen Schwager etwas von den tollen Inneneinrichtungen in den großen Caravans vorschwärmte, die ich in Neuseeland gesehen hatte, meinte der plötzlich: Bewirb dich doch mal bei der HP Tischlerei. Ich hab da auch gelernt. Und plötzlich war mir klar: Das ist es![/vc_column_text][vc_column_text]

„Du merkst wie es dich packt, wie es dich mitreißt“

DHB: Und. Gab es einen Tag, an dem Sie diese Entscheidung bereut haben?

Maximilian Golz: Nicht einen! Heute gibt es für mich nichts Tolleres, als aus einem Stück Holz etwas herzustellen. Zuerst ist da ein Baum, ein rohes Stück Holz. Und du verwandelst es. Vom Anfang bis zum Ende. Diesen Prozess erlebe ich immer wieder auf’s Neue als Abenteuer.

DHB: Was war Ihr Gesellenstück?

Maximilian Golz: Mein Gesellenstück war ein Sideboard aus Eiche. Es steht heute bei mir zuhause.

DHB: Was ist es, was Sie an diesem Beruf so lieben gelernt haben?

Maximilian Golz: Am Anfang stehen meist nur ein weißes Blatt Papier und ein paar Bretter, noch vollkommen roh. Und dann fängst du an. Zeichnest, nimmst Säge und Hobel, schaltest die Abrichte an. Du merkst, wie es Dich packt. Dich mitreißt. Du riechst das Holz. Fühlst die Späne auf der Haut. Du bist – wie soll ich sagen – wie Gott. Ja, wie ein Schöpfer. Und wenn das Tagwerk vollbracht ist, dir der Meister auf die Schulter klopft, schüttet der Körper Glückshormone aus. Das erlebe ich hier fast jeden Tag.

DHB: Klingt wie der Text zu einem Berufs-Werbevideo?

Maximilian Golz: Tischler zu werden, ist wirklich ein gutes Fundament für die Zukunft. Wenn mich jemand fragt, ich würde jedem zu diesem Beruf raten. Irgendwie sind wir Allrounder. Beherrschen viele Maschinen, können die unterschiedlichsten Werkstoffe zusammenbringen. Machen Menschen glücklich.

DHB: Haben Sie heute eine Erklärung dafür, warum Sie so lange gebraucht haben, sich für einen Beruf zu entscheiden?

Maximilian Golz: Vielleicht hätte ich mich eher entschieden, wenn es in der Schule eine vernünftige Berufsorientierung gegeben hätte. Einmal war die Bundeswehr da, mit einem tollen medialen Auftritt, an den ich mich heute noch erinnere. Wenn es so einen Auftritt vom Handwerk gegeben hätte, vielleicht hätte ich schon eher einen Plan gehabt.

DHB: Aber es gibt doch Berufeschauen des Handwerks. Sogenannte INISEK-Tage, bei denen Schüler sich in den Ausbildungsstätten des Handwerks mit verschiedenen Berufen vertraut machen können…

Maximilian Golz: Das stimmt. Aber wie viele Schulen erreichen diese Bemühungen? Und warum konzentrieren sie sich oft auf Schüler von Sekundarstufen? Als Geselle denke ich, dass das Handwerk viel öfter Wege auch in die höheren Jahrgangsstufen finden muss. Neue. Moderne. Leidenschaftliche.

„Die heutige Berufsorientierungsmentalität spaltet die Gesellschaft“

DHB: Wie könnte das Ihrer Meinung nach ausehen?

Maximilian Golz: Einen Truck mit kleinen Werkstätten, der über die Schulhöfe tourt – das wär mal’ne  Idee. Mit junge Handwerkern oder Meistern drin. Kommen die Schulen nicht zu uns, gehen wir zu den Schulen. Sowas hätt ich als Schüler cool gefunden.

DHB: Was glauben Sie ist der Grund, dass das Handwerk solche Nachwuchsprobleme hat?

Maximilian Golz: Weil man den Eltern seit Jahrzehnten suggeriert. Nur wer studiert wird was. Meine Eltern haben mir zum Glück überlassen, welchen Weg ich gehen möchte. Andere aber trichtern ihren Kinder ein, was sie wahrscheinlich schon selbst eingetrichtert bekamen. Und die Lehrer stoßen dann ins gleiche „Horn“.

DHB: Ist das so?

Maximilian Golz: Bei mir in der Schule habe ich das jedenfalls so empfunden. Das ein völlig falsche, an den Bedürfnissen der Gesellschaft vorbeigehende Berufsorientierungspolitik, die über Jahrzehnte eine Berufsorientierungsmentalität geschaffen hat, die nicht nur Unsinn ist. Sie trägt auch noch zusätzlich zur Spaltung der Gesellschaft bei.

DHB: Wie das?

Maximilian Golz: Das ist doch logisch. Trichtert man Schülern ein, dass aus ihnen nur etwas werden kann, wenn sie studieren, erklärt man all die, die nicht studieren wollen automatisch zu Außenseitern.

DHB: Übertreiben Sie da nicht ein bißchen?

Maximilian Golz: Ich glaube nicht. Diese Diskriminierung geschieht unbewusst, prägt aber dafür umso nachhaltiger.

DHB: Erklären Sie es mir?

Maximilian Golz: Ein Beispiel: ich war auf einer Party. Viele junge Leute meines Alters. Alles Studenten. In der Menge auch ich und noch zwei Lehrlinge, die gerade ihre Ausbildung machten. Jeder eine andere. Ich bemerkte, dass sich sofort zwei Gruppen bildeten. Während alle sich über ihr Studium unterhielten, wurden wir drei zwar gefragt, was wir denn so machten. Als wir dann sagten, dass wie eine Berufsausbildung machten, brachen die Gespräche mit uns schnell ab.

„Wir müssen einer Diskriminierung der Berufsausbildung vorbeugen “

DHB: Welche Erklärung haben Sie dafür?

Maximilian Golz: Ich bin kein Soziologe. Aber ich glaube, dass hier alte Stereotype nachwirken. Viele denken wohl immer noch, mit einer Berufsausbildung, das sind doch die, die mit einem Achtklassen-Abschluss aus der Schule gehen, die morgens um sieben mit einem Kaffee und einem Mettbrötchen an der Tanke stehen. Dass es Handwerker gibt, die Klavier spielen können, oder wie wir drei alle Abitur haben, war bei einigen der Partygäste wahrscheinlich außerhalb ihres Vorstellungsvermögens.

DHB: Woher kommt dieser Dünkel?

Maximilian Golz: Für mich gibt es da nur eine Erklärung. Er ist anerzogen. Und zwar auf eine unbewusste Weise, in dem permanent ein Bildungsweg aufgewertet und ein anderer abgewertet wird.

DHB: Aber inzwischen ist die Meisterausbildung doch dem Bachelor-Studium gleichgestellt?

Maximilian Golz: Ja. Aber das ist weder in der großen Öffentlichkeit noch in der kleinen Schule bisher angekommen. Deswegen plädiere ich ja gerade für einen intensiveren Zugang des Handwerks zu den Schulen – gerade um einer unbewussten Diskriminierung der handwerklichen Ausbildung  gegenüber einer Studienausbildung vorzubeugen.

DHB: Was schlagen Sie vor?

Maximilian Golz: Das Handwerk muss nicht nur die Schulen in den Blick nehmen. Sondern es muss auch neue Wege zu den Eltern finden. Erst wenn die Eltern wieder davon überzeugt sind, dass ihre Kinder auch mit einer handwerklichen Ausbildung etwas werden können, werden wir das Problem lösen.

DHB: Was muss getan werden?

Maximilian Golz:  Ich glaube, dass erst einmal der Elterngeneration klar werden muss, dass Handwerk heute so anspruchsvoll sein kann wie ein Studienberuf. Denken Sie nur daran, wie viele Maschinen ein Tischler bedienen können muss, das CNC-Fräsen zu programmieren sind, das SHK-Techniker und Elektriker heute am Smart-Home arbeiten. Die Berufe im Handwerk haben heute mit den im Kopf vieler Eltern vorhandenen Berufsbildern nichts mehr zu tun.

DHB: Wenn Sie in so einem Truck, von dem Sie vorhin sprachen mitfahren würden, was würden Sie den Schülern empfehlen?

Maximilian Golz: Jeder muss seinen Weg selber finden. Aber wenn ihr mich fragt, ich würde immer empfehlen zuerst eine Berufsausbildung zu machen und danach zu studieren. Mit Praxis- und mit Lebenserfahrung gäbe es dann auch weniger Studienabbrecher. Und vergessen wir nicht. Im Handwerk kann man seinen Meister machen. Es gibt Begabtenförderung und viele andere Chancen.

DHB: Und was ist Ihr Ziel?

Maximilian Golz: Genau die: Studieren und dann den Meister machen. Oder umgekehrt…[/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/3″][cq_vc_employee name=“schwanitz“][vc_message icon_fontawesome=“fa fa-map-marker“]HP Tischlerei GmbH
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