„Wer lernen will, darf nicht auf die Uhr schauen“ | Handwerkskammer Frankfurt (Oder) Region Ostbrandenburg

Zu Besuch im Handwerk „Wer lernen will, darf nicht auf die Uhr schauen“

[vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text]Eine Ausbildungsmesse änderte ihr Leben. Rebecca Franke (22) will Friseurmeisterin werden. Im folgenden Interview spricht die 22jährige Gesellin über Barbies, Feuer unterm Hintern und darüber, warum Einfühlungsvermögen genauso wichtig ist wie eine scharfe Schere.  [/vc_column_text][vc_single_image image=“125156″ img_size=“large“][vc_column_text]DHB: Frau Franke, manche Friseurin erzählte mir Barbie-Puppen seien für ihre Berufswahl verantwortlich. Wie war’s bei Ihnen? Rebecca …

[vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text]Eine Ausbildungsmesse änderte ihr Leben. Rebecca Franke (22) will Friseurmeisterin werden. Im folgenden Interview spricht die 22jährige Gesellin über Barbies, Feuer unterm Hintern und darüber, warum Einfühlungsvermögen genauso wichtig ist wie eine scharfe Schere.

 [/vc_column_text][vc_single_image image=“125156″ img_size=“large“][vc_column_text]DHB: Frau Franke, manche Friseurin erzählte mir Barbie-Puppen seien für ihre Berufswahl verantwortlich. Wie war’s bei Ihnen?

Rebecca Franke: Genauso. Da können einige Leute noch so viel lästern. In den Barbies steckt eine Menge pädagogisches Potential.

DHB: Die Puppen wurden angegriffen, weil viele Mädchen eine Figur wie Barbie haben wollten, was aber in der Realität nur durch plastische Chirurgie zu erreichen wäre…

Rebecca Franke: Glauben Sie ernsthaft, dass sich kleine Mädchen darüber Gedanken machen. Nein, mich faszinierten immer nur die Haare. Was habe ich die malträtiert, gekämmt, gestylt, sogar gewaschen und gefönt.

DHB: Gefärbt auch?

Rebecca Franke: Klar. Aber nur Strähnchen. Ich hatte herausgefunden, dass sich Textmarker dafür hervorragend eignen.

DHB: Das heißt, die Barbies sind Schuld daran, dass Sie heute Friseurin sind.

Rebecca Franke (lacht): Könnte sein, dass damals etwas in mir geweckt wurde. Wenn, dann habe ich es jedenfalls erst spät wiederentdeckt.

DHB: Wieso?

Rebecca Franke: Wenn ich ehrlich bin, habe ich lange überhaupt nicht darüber nachgedacht, was ich einmal werden wollte. Und auch die Schulpraktika in der neunten Klasse und die Zukunftstage haben nichts bei mir klingeln lassen.

DHB: Wann klingelte es denn?

Rebecca Franke: Bei einer Ausbildungsmesse in Fürstenwalde. Handwerker hatten da ihre Stände aufgebaut. Ganz hinten in der Ecke gab es einen Friseur. Meine Beine blieben dort wie von selbst stehen und ich konnte meine Augen nicht mehr abwenden. Ich sah den Kamm durch schimmerndes Haar gleiten und glaubte das Klappern der Schere zu hören. Um mich herum war plötzlich alles wie ausgeschaltet.

„Ich hatte kein realistisches Bild von dem, was mich erwartete“

DHB: Haben Sie den Friseur angesprochen?

Rebecca Franke: Ich war damals ein anderer Mensch. Introvertiert. Ein scheues Reh, das im Urlaub lieber andere nach dem Weg fragen ließ. Kommunikation war überhaupt nicht meine Stärke. Ich komme aus einem kleinen Dorf. Also nein, ich hab mich das einfach nicht getraut.

DHB: Wie ging es weiter?

Rebecca Franke: Ich habe Dr. Google gefragt und ziemlich viel über den Beruf gelesen. Ich war 16 und hatte zum ersten Mal das Gefühl, das ist es, was ich will. Und als ich dann las, dass der Beruf viel mehr Facetten hat als Waschen, Schneiden, Färben, war mir dann schnell klar, dass ich das versuchen wollte.

DHB: Welche Facetten kannten sie nicht?

Rebecca Franke: Nun ja, dass es innerhalb des Berufsbildes viele Facetten gibt. Man kann sich spezialisieren auf Visagistik, auch auf Make up, man kann vieles machen in Richtung Theater- oder Filmfrisuren. Und nicht zuletzt kann man sich auch auf Perücken für Menschen mit Krebs oder Haarausfall spezialisieren, um ihnen zu helfen. Ich habe beim googeln das erste Mal verstanden, dass das nicht nur Handwerk, sondern wirklich eine Kunst ist.

DHB: Sie besuchten das Scholl-Gymnasium in Fürstenwalde. Sie hätten auch studieren können….

Rebecca Franke: Merkwürdigerweise hat mich das nie gereizt. Wenn mir etwas früh klar war, dann das: ich will nicht studieren. Aber einen Beruf, der kreativ ist. Schon als Kind habe ich gern gemalt, gebastelt, mich im stillen Kämmerlein mit Farben beschäftigt.

DHB: Waren Sie mit dem Wunsch einer Berufsausbildung eigentlich eine Außenseiterin in der Klasse?

Rebecca Franke: Mit dem Berufswunsch ja, aber nicht als Mensch. Für mich und meine Klassenkameradinnen und Klassenkameraden war eigentlich immer klar, jeder soll das machen, was möchte. Da gab es keine Kommentare. Rebecca will Friseurin werden – cool. Da hat sich keiner für etwas Besseres gehalten, nur weil er zum Studium angenommen wurde und ich „nur“ für eine Berufsausbildung.

DHB: Wie war denn die Ausbildung?

Rebecca Franke: Ich merkte ziemlich schnell, das wird eine echte Herausforderung. Und das wurde es dann auch. Noch heute denke ich darüber nach, warum von 22 Azubis, die mit mir begannen, 16 die Ausbildung abbrachen?

DHB: Und? Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Rebecca Franke: Ich glaube, wir hatten alle kein realistisches Bild von dem, was uns erwartete. Und wenn man kein realistisches Bild von Berufen hat, sondern vielleicht ein Klischee, eine veraltete Vorstellung, oder ein unrealistisches, weil einem bei der Berufsberatung nur von den Glanzseiten erzählt wurde, dann wählt man in der Schule vielleicht Fächer ab, die man später dann doch braucht. Ich z.B. hatte Chemie abgewählt und stand plötzlich vor dutzenden Haarfärbemitteln, Tönungen, Spülungen, Haartypen und sagte mir: So ein Mist! Ich hätte Chemie nicht abwählen sollen.[/vc_column_text][vc_single_image image=“125275″ img_size=“large“][vc_column_text]

„Ich musste lernen, kein scheues Reh mehr zu sein“

DHB: Aber wie ließe sich da etwas ändern?

Rebecca Franke: Also wenn ich im Bildungssystem etwas zu sagen hätte, würde ich eine ganze Menge sehr speziellen Stoff in den höheren Klassen ins erste Studienjahr packen und die gewonnene Zeit für berufsorientierenden Unterricht nutzen – und zwar durchgehend von der Grundschule bis zum Gymnasium.

DHB: Und die praktische Ausbildung selber?

Rebecca Franke: Ja wie soll ich das sagen. Wir jungen Leute müssen nach der Schule natürlich auch auf Betriebe treffen, in denen Ausbildung nicht irgendwie nebenbei läuft. Ich stellte im zweiten Lehrjahr plötzlich fest, dass mir vieles nicht beigebracht worden war, was ich eigentlich schon hätte können müssen. Weil ich Sorge hatte, mit meinem Ausbildungsbetrieb die Prüfung nicht zu schaffen, wechselte ich den Salon von Barbara Hieske in Fürstenwalde.

DHB: Und in dem wurde es besser?

Rebecca Franke: Der Unterschied war fundamental.

DHB: Inwiefern?

Rebecca Franke: Ich spürte sofort, dass sie sich Zeit nimmt. Dass sie analysierte, was ich alles noch nicht konnte. Und das sie mir immer wieder mal einen „Tritt“ gab, wenn ich unmotiviert wirkte. Manchmal wirkt das Wunder. Ich spürte einfach: Dieser Frau ist nicht egal, was aus mir wird. Die will mir weitergeben, was sie kann. Das ist das eine.

DHB: Und das andere?

Rebecca Franke: Ich sagte ja, dass ich sehr lange ein scheues Reh war, ein stummes Fischchen. Frau Hieske schaffte es irgendwie, mir die Scheu zu nehmen auf Menschen zuzugehen. Sie brachte mir bei, dass auch Einfühlungsvermögen und der Mund wichtige Werkzeuge sind.

DHB: Noch etwas?

Rebecca Franke: So gut eine Ausbilderin auch ist, sie muss am Ende doch auf Lehrlinge treffen, die lernen wollen. Ich sag mal, wer lernen will, darf nicht auf die Uhr schauen. Wenn beides zusammentrifft, dann wird der Beruf wirklich zur Leidenschaft, wie bei mir.

„Meine größte Herausforderung des ersten Gesellinnenjahres? Die Hoffnung nicht verlieren!“

DHB: Hatten sie Bammel vor der Gesellenprüfung?

Rebecca Franke: Na klar, nach dem Abi ist das die zweitwichtigste Prüfung in meinem Leben gewesen. Aber ich glaube, wäre ich in meinem alten Ausbildungsbetrieb geblieben, hätte ich nicht nur Lampenfieber gehabt, sondern Angst. Das ist ein Unterschied. Das eine motiviert, das andere lähmt.

DHB: Wie haben sie abgeschlossen?

Rebecca Franke: Mit ausreichend Punkten, um das Meister-BAföG in Anspruch nehmen zu können. Das will ich auch nutzen.

DHB: Was war die größte Herausforderung des ersten Gesellinnenjahres?

Rebecca Franke: Nicht die Hoffnung zu verlieren. Ich würde gerne von den Herausforderungen meines ersten Gesellinnenjahres erzählen, von meiner gelungensten Frisur, dem besten Make up, dem schönsten Dank. Doch nach der Gesellenprüfung schlug das Corona-Virus zu. In einem Jahr, in dem Gesellinnen in normalen Zeiten erste wichtige Berufserfahrungen sammeln, saß ich die meiste Zeit mit Kurzarbeitergeld zu Hause.

DHB: Gab es einen Zeitpunkt, an dem Sie überlegten, ob sie den richtigen Beruf gewählt haben?

Rebecca Franke: Nein, nie. Aber Sorgen habe ich mir schon gemacht. Man konnte ja nicht einmal einen Teilzeitjob annehmen, weil man nie wusste, wann dürfen wir wieder aufmachen? Unter welchen Umständen? Ich kann ja nicht zu einem Arbeitgeber gehen und sagen: Stell mich mal ein, aber wenn der Salon in einer Woche wieder aufmachen darf, musst du mich wieder gehen lassen…

DHB: Das heißt, Sie können erst jetzt voll durchstarten?

Rebecca Franke: So ist es. Und ich freue mich total, jeden Tag in den Salon zu kommen. Frau Hieske hat es geschafft, eine familiäre Atmosphäre zu schaffen. Sie weiß, dass ich weiß, dass ich noch viel lernen muss. Und die Regelungen des Meister-BAfögGs setzen unseren Gesellenjahrgang ja auch unter Druck. Man muss die Förderung innerhalb von zwei Jahren in Anspruch nehmen. Ein Jahr ist nun nach der Gesellinnenprüfung vorbei, aber man hat gar nicht so richtig Erfahrungen sammeln können. Ich hoffe, dass hier vielleicht noch mal darüber nachgedacht wird, die Frist zu verlängern.

DHB: Was ist der Plan?

Rebecca Franke: Ganz klar: Eine Meisterin werden, mich irgendwann selbstständig machen

DHB: Was ist eigentlich aus Ihren Barbies geworden?

Rebecca Franke (lacht): Die werd ich nach erfolgreicher Meisterprüfung vom Dachboden holen und mich daran erinnern, wie alles angefangen hat….[/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/3″][cq_vc_employee name=“schwanitz“][vc_message icon_fontawesome=“fa fa-map-marker“]Haarfantasien Barbara Hieske
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